»Gedenkstätte Kolonialismus« mit »Kommunalem Zentrum« und Aktionsplattform am Bismarck-Denkmal, Hamburg; Beitrag unter den Finalisten im Wettbewerb »Bismarck Neu Denken«, 2022–23; zusammen mit von Ferrari & Walter Architekten (Fabian von Ferrari, Florian Walter, Hardik Jain). DOWNLOAD FULL PLANS HERE

Gedenkstätte Kolonialismus

These 1: Gegendenkmäler und Konzeptkunst

Der Einfluss der Konzeptkunst auf die Erinnerungskultur führte in den 1980ern zu einer Dematerialisation des Denkmals und zum Aufkommen von Gegendenkmälern. In dieser künstlerischen Strömung erklären Kulturschaffende das Gedenken an sich zur “primären Information” ihrer Werke und reduzieren die notwendige “sekundäre Information”, sprich: die Form, auf ein Minimum [1]. Der Holocaust-Gedenkstättenforscher James Young unterscheidet zwischen zwei Arten von Gegendenkmälern [2]: solche, die sich von Grund auf traditionellen Denkmalprinzipien wie Monumentalität oder Permanenz widersetzen [3] und solche, die das Vorzeichen eines bestehenden Denkmals ändern [4]. Für eine non-invasive Umdeutung des Bismarck-Denkmals im Alten Elbpark muss dessen Rahmung konzeptuell erweitert werden, um es in eine meta-perspektivische Betrachtung zweiter Ordnung zu ziehen [5].

[1] Seth Siegelaub im Interview mit Charles Harrison, Studio International. Journal of modern art, 1969.
[2] Young, James Edward: At Memory’s Edge – After-images of the Holocaust in Contemporary Art and Architecture. New Haven/London, 2000, S. 7.
[3] Vgl. mit dem »Denkmal gegen den Faschismus«, 1986, Jochen Gerz und Esther Shalev-Gerz; Hamburg.
[4] Vgl. hierzu das Projekt »www.afrika-hamburg.de« zum Wissmann-Denkmal, 2004, HM Jokinen & »Hamburg Postkolonial«, Hamburg.
[5] Luhmann, Niklas: Die Kunst der Gesellschaft. Frankfurt am Main, 1997.

These 2: Dekolonisation als Diskurs

Anders als Denkmäler liefern Gegendenkmäler keine fertigen Antworten auf soziopolitische Fragen. Vielmehr fordern sie ihre Rezipient:innen immer wieder aufs Neue heraus, Geschichte zu überdenken, sich zu politisieren und zu positionieren. Ästhetisch wie konzeptuell ist das Gegendenkmalsprinzip prädestiniert dafür, das Gedenken an Bismarck einer kritischen Revision zu unterziehen. Was es aber braucht, um dessen Bedeutung zu dekonstruieren, ist die Anerkennung des gesellschaftlichen Dissens zwischen denjenigen, die in Bismarck lediglich einen klugen Politiker sehen und denjenigen, die dessen Außenpolitik (Berliner Konferenz 1884/5) bereits als einen Tiefpunkt der Maafa [6], des Schwarzen Holocausts begreifen. Jeder Entwurf für eine Umdeutung seines Denkmals muss diesen Dissens anerkennen und produktiv machen. Und er muss berücksichtigen, dass jede Generation das anscheinend für die Ewigkeit gemachte Bismarck-Denkmal immer wieder aufs Neue kritisieren (können) muss. Analog zur Konzeptkunst (Ideenkunst), in der die Rezipient:innen eines Werks die Erfahrung machen, dieses überhaupt erst zu erschaffen, indem sie es sich vorstellen, muss ein Gegendenkmal zu Bismarck seine Betrachter:innen herausfordern, die eigene kolonial und rassistisch geprägte Wahrnehmung wahrnehmen zu lernen [7]. Dafür braucht es diskursive Formate.

[6] Der panafrikanisch verständliche Swahili-Begriff Maafa ähnelt in seiner Bedeutung dem hebräischen Ausdruck der Shoa und wird in ähnlicher Weise mit Katastrophe; großes Unheil übersetzt. Vgl.: Ani, Marimba: Let The Circle Be Unbroken: The Implications of African Spirituality in the Diaspora, New York, 1988.
Siehe hierzu auch das deutsche Gedicht »Maafa« in: Aukongo, Stefanie-Lahya: Buchstabengefühle – Eine poetische Einmischung, Berlin, 2018, S. 252.
[7] Lippard, Lucy R.: Six Years – The Dematerialization of the Art Object from 1966 to 1972; 1973, S. xi.

These 3: Wer spricht (noch nicht)?

Das Bismarck-Denkmal verkörpert weiß- und west-zentrische Werte. Für eine Dekonstruktion seiner Bedeutung muss die Deutungshoheit denjenigen zugestanden werden, die auch vom deutschen Kolonialismus und seinen Kontinuitäten betroffen sind, allen voran die vielen migrantischen und postmigrantischen BIPoC (Black people, Indigenous people, People of Color), deren zivilgesellschaftliche Initiativen und Selbstorganisationen die postkoloniale Debatte überhaupt erst angestoßen haben. Für diese Akteur:innen, Kulturschaffenden und Wissenschaftler:innen müssen künftig noch sehr viel größere Anstrengungen unternommen werden, damit sie sich im Generationenprojekt der Dekolonisation Deutschlands und seiner ehemaligen Kolonien nicht nur gebraucht, sondern auch wertgeschätzt und sicher fühlen. Diese dekoloniale Prämisse hat auch eine ästhetische Dimension: In kolonialen Ausbeutungsverhältnissen wird Menschen die Zeitgenossenschaft abgesprochen, indem sie als primitiv oder weniger modern dargestellt werden [8]. Völkerschauen, ethnologische Museen, Kunstmuseen und Denkmäler haben dieses Argument ästhetisch, genauer gesagt: visualistisch stark gemacht. Derlei ästhetische Mechanismen der Andersmachung gilt es in der Gestaltung dieses Entwurfs zu überdenken. Dies gelingt von allein, wenn dem (Zu-)Hören ein höherer Stellenwert eingeräumt wird als dem (An-)Sehen und damit die Gleichzeitigkeit mit Menschen in ihrer Bedeutung für die Wissensproduktion stärker gewichtet wird. In der sinnlichen Unmittelbarkeit des Zuhörens wird nämlich vermieden, die Zeitgenossenschaft „Anderer“ z. B. durch einen Fokus auf (Ab-)Bilder zu ignorieren [9].

[8] Fabian, Johannes: Time and the Other. How Anthropology Makes its Object; New York, 1983, S. 106.
[9] Vgl. ebd., S. 167.

Gedenkstätte Kolonialismus

Raum schaffen, ohne ihn einzunehmen =
Plattform + Kommunales Zentrum +
Rahmung des Alten Elbparks als ein „anderer Ort“

Der Alte Elbpark soll für dekoloniale Stadtführungen, Aktionen und Veranstaltungen attraktiv werden und eine Atmosphäre schaffen, die alle Menschen einlädt, das koloniale Denken zu verlernen. Mit inhaltlicher Zurückhaltung und im bewussten Verzicht auf fertige Aussagen hält dieser Entwurf Freiräume und Ressourcen für die politischen, ästhetischen und wissenschaftlichen Praxen zivilgesellschaftlicher und vom Kolonialismus betroffener Communities bereit. Er redefiniert den Alten Elbpark als eine Kulturlandschaft mit drei einheitlichen architektonisch-stilistischen Aspekten: die [A] Plattform um Bismarcks Denkmal, ein [B] Kommunales Zentrum und die [C] Rahmung des Alten Elbparks als ein “anderer Ort”. Diese drei Komponenten überformen den Park als Ganzes und machen aus ihm ein Forum für dekoloniale Wissens- und Kulturproduktion.

A. Plattform

Um die Bismarck-Statue herum wird eine leicht erhöhte »Plattform« auf das Podium, die Treppen und den Vorplatz gelegt (Abbildung 1). Diese Ebene mit quadratischer Grundfläche defunktionalisiert die heroisierende Funktion des Sockels und spannt um das anachronistisch gewordene Monument einen größeren konzeptuellen Rahmen: Für diejenigen, die sie betreten oder über Rampen befahren, schafft sie nicht nur Distanz zum Untergrund, sondern auch zur Geschichte. Auf dieser »Plattform« zu stehen bedeutet, das Bismarck-Denkmal als historisches Objekt aus einer Meta-Perspektive wahrzunehmen. Besucher:innen können aus dieser leicht erhöhten Position den Sockel, das Monument und sein nationalsozialistisches Interieur als „Sediment der Geschichte“ [10] wahrnehmen lernen. Ihre Bewegungen über die gußeiserne »Plattform« und den unter ihr liegenden Hohlraum produzieren obendrein Klang, der ihren Hörsinn anregt und die Aufmerksamkeit in den Untergrund lenkt. Dadurch setzt die »Plattform« das Bismarck-Denkmal unter ein anderes Vorzeichen. Sie zwingt den Besucher:innen diese Perspektive jedoch nicht auf. Vielmehr belässt sie neben den Geländern der Treppenlifte eine Passage, die über den historischen Sockel führt. Sie nimmt künftige Generationen also nicht aus der Verantwortung, sich zu positionieren, im Gegenteil. Die »Plattform« verlangt jeder einzelnen Besucher:in eine Entscheidung ab, wie sie sich Bismarcks Denkmal nähern möchte, ob auf dem ursprünglich designierten Fundament oder auf der Plattform, die im Diskurs der »Gedenkstätte Kolonialismus« resoniert. Es ist diese Performativität der Architektur, die den gesellschaftlichen Dissens über der deutschen Kolonialgeschichte produktiv macht (vgl. These 2). Gespräche, Diskussionen und Streitigkeiten über Bismarck werden dabei zum eigentlichen Werk. Ebenerdig können die Besucher:innen des Ortes durch die Seiteneingänge des Fundaments unter noch zu bestimmenden Voraussetzungen (wie z. B. einer Führung durch geschultes Personal) den Bunker im Inneren des Denkmals besichtigen. An dessen Eingängen müssten dafür detaillierte Informationen zur Geschichte des Ortes sowie Verhaltensregeln wie Fotografierverbote angebracht werden. Die Treppen im Bunker werden mit Treppenliften für Menschen mit eingeschränkter Mobilität ausgestattet. Die Relevanz barrierefreien Bauens für die Dekolonisation gesellschaftlichen Lebens und die Sicherung der im Grundgesetz und in der UN-Behindertenrechtskonvention gefassten Menschenrechte sei an dieser Stelle ausdrücklich betont! [11]

[10] Sara Ahmed spricht vom „sediment of history“; in: Sara Ahmed: Brick Walls: Racism & Other Hard Histories; Vortrag auf der Konferenz: Unsettling Conversations, Unmaking Racisms and Colonialisms, R.A.C.E. Network’s 14th Annual Critical Race and Anticolonial Studies Conference, University of Alberta, Edmonton, https://vimeo.com/110952481, Abruf am 22.2.2023.
[11] Vgl. hierzu die aktuelle Fassung der DIN 18040-1/3: Barrierefreies Bauen von öffentlich zugänglichen Gebäuden sowie Verkehrs- und Freiräumen; https://din18040.de/din18040-norm.htm, Abruf am 3.3.2023.

B. Kommunales Zentrum

Schon in wenigen Jahren werden sich die Fragen rund um Bismarcks Denkmal im Vergleich zu heute stark verändert haben. Die Menschen, die sich dann mit seinem kolonialen Erbe beschäftigen, werden dafür neue kommunikative Strategien entwickeln müssen, sowohl analog als auch digital. Sie werden dafür essentielle Ressourcen für ihre jeweiligen Ansätze der Dekolonisation und Community-Care-Arbeit benötigen. Dieser Entwurf sieht vor, einen vielseitigen Freiraum zu schaffen, der ihren Bedürfnissen gerecht wird: das »Kommunale Zentrum« der »Gedenkstätte Kolonialismus« (Abbildung 2). Es liegt im nordwestlichen Teil des Parks zwischen Millerntorplatz und Helgoländer Allee, wo auch sein Hauptzugang liegt. Sein auskragendes Dach und die umlaufende Terrasse nehmen die Materialität der metallenen »Plattform« um Bismarcks Denkmal vorweg. Sein Inneres ist in nachhaltiger Holz- und Ziegelbauweise gehalten. Schon beim Betreten des Parks lenkt das Zentrum den Blick auf Bismarcks Monument, während seine Glasfassaden durchgängige Einblicke in sein Inneres gewähren. In bescheidener Größe bietet es elegante und flexibel nutzbare Räume für Veranstaltungen, Workshops und Projekte. Ein Studio für Artists-in-Residence (Abbildung 3) verzichtet in bewusster Ablehnung einer visualistischen Ästhetik auf gängige Ausstattungen des White Cubes [12]. Vielmehr ist es für performative Künste ausgestattet, um ästhetische Praxen zu stärken, bei denen die Körper der Aus-Sagenden und Zu-Hörenden gleichzeitig im Raum sein müssen (wie z. B. Rede, Musik, Theater und Performance; vgl. hierzu These 3). Nebenan stehen die offene Community-Küche und das Esszimmer ganz im Zeichen dekolonialer Care-Arbeit (Abbildung 4). Am anderen Ende des »Kommunalen Zentrums« befindet sich schließlich ein Freiraum, ein vielseitig nutzbarer Bereich. Generell können die Nutzer:innen des Zentrums dessen Raumaufteilung mit Schiebewänden und -türen an ihre Bedürfnisse anpassen. Schwere Vorhänge entlang der gesamten Glasfassade erlauben es, den Innenbereich nach Bedarf abzuschirmen. Das gesamte Gebäude ist für behinderte Menschen mit eingeschränkter Mobilität designt, seine Toiletten sind de-gendered (all bodies). Das »Kommunale Zentrum« wird gewährleisten, dass der Diskurs um Bismarcks koloniales Erbe in Zukunft radikal inklusiv geführt wird. [11] Es ist gleichzeitig bewusst klein gehalten, um eine unkomplizierte Nutzung zu ermöglichen und benötigt lediglich eine Person zur Betreuung.

[12] Vgl. hierzu das multifunktionale Möbiliar für künstlerisch-wissenschaftliche Forschung an Objekten im Labor des Frankfurter Weltkulturenmuseums, https://www.weltkulturenmuseum.de/de/gaeste-forschung/?gast=otobong-nkanga-nigeria-1, Abruf am 22.2.2023.

C. Rahmung

Die »Plattform« am Bismarck-Denkmal und das »Kommunale Zentrum« redefinieren den Alten Elbpark als ein dekoloniales Freiluftforum, die »Gedenkstätte Kolonialismus« (Abbildung 5). Dadurch wird der im Park unlängst stattfindende Diskurs um die Kontinuitäten des deutschen Kolonialismus institutionalisiert (Abbildung 6). Dieser „andere Raum“ [13] braucht aber auch eine sinnlich wahrnehmbare neue Rahmung, die ihn vom Außenbereich Hamburgs abgrenzt. Zu diesem Zweck werden an allen Parkzugängen zwischen den Betonbänken Schwellen aus Eisengussplatten verlegt (Abbildung 2), die diesen Übergang ins Bewusstsein der Besucher:innen heben. Unter diesen Platten befinden sich ebenfalls Hohlräume, die beim Überschreiten ein ähnliches Klangerlebnis erzeugen wie die »Plattform« am Bismarck-Denkmal. Diese Schwellen der »Gedenkstätte Kolonialismus« sind Ausgangspunkte für dekoloniale Stadtführungen, Reden oder Gedenkveranstaltungen und damit einprägsame Treffpunkte für die Besucher:innen des Parks. Ergänzt werden diese Schwellen mit ebenfalls metallenen Beschilderungen in einer für Rollstuhlfahrer:innen geeigneten Höhe. Alle Inhalte werden taktil gestaltet und ermöglichen so eine sichere und autarke Erkundung des Parks für Menschen mit Sehbehinderungen. Die Texte und Grafiken zeichnen sich erhaben auf den Oberflächen ab und werden in den Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch sowie in Brailleschrift verfasst.

[13] Heterotopie aus gr. hetero (anders) und topos (Ort); in: Foucault, Michel und Daniel Defert: Die Heterotopien. Der utopische Körper. Zwei Radiovorträge, Berlin 2013, S. 7 ff.

Vermittlung und Organisation

Die »Plattform« am Bismarck-Denkmal entfaltet ihr volles Potenzial erst in Resonanz mit den Aktivitäten des »Kommunalen Zentrums« bzw. nur dann, wenn die Zivilgesellschaft und Hamburgs kulturpolitische Institutionen diese Einrichtungen auch nutzen. Um Bismarcks Denkmal kritisch zu beleuchten und um einen kritischen Diskurs zu initiieren und aufrechtzuerhalten, bedarf es edukativer Angebote und künstlerischer Impulse. Unser Entwurf sieht vor, dass diese vom »Kommunalen Zentrum« ausgehen. Ein Komitee, das aus der Jury dieses Wettbewerbs hervorgeht, könnte eine regelmäßig wechselnde Leitung der »Gedenkstätte Kolonialismus« wählen, um Vertreter:innen aktueller Diskurse der Dekolonisation für eine Auseinandersetzung mit dem Ort zu gewinnen. Auf diese Weise würde neue Bedeutung an das Bismarck-Denkmal heran getragen. Die Leitung der »Gedenkstätte Kolonialismus« könnte im nahe gelegenen »Museum für Hamburgische Geschichte« ein ein eigenes Büro erhalten, um den Ort zu verwalten. Dies würde ihre Arbeit auch insofern erleichtern, als dass die würde auch sicherstellen, dass die Vermittlungsangebote des Ortes auf unterschiedliche Zielgruppen und soziale Positionierungen abgestimmt werden, angefangen bei heterogenen Schulklassen über internationale Tourist:innen bis hin zu den diversen Gruppen und Communities, die vom Kolonialismus betroffen sind. Es läge in ihrem Verantwortungsbereich, Synergien im Netzwerk Hamburgischer Erinnerungsorte und Partnerschaften mit den Museen, mit der angrenzenden Jugendherberge mit lokalen Vereinen und NGOs zu bilden. Dabei gilt es, das Mitspracherecht zivilgesellschaftlicher und dekolonial arbeitender Gruppen und ihrer Sprecher:innen in der Organisationsstruktur der »Gedenkstätte Kolonialismus« zu verankern. Für die Finanzierung muss schließlich eine Rechtsform gefunden werden, die ihre wissenschaftliche und politische Unabhängigkeit sichert. [14]

[14] Hierfür könnte eine Stiftung privaten Rechts zielführend sein. Vgl. hierzu die Konzeption und Machbarkeitsstudie für ein Dokumentationszentrum zum NSU-Komplex in Südwestsachsen, RAA Sachsen e.V. (Hrsg.), Dresden, 2023, https://www.raa-sachsen.de/nsu-dokuzentrum/neuigkeiten/pressekonferenz-zur-praesentation-der-studie-7068, Abruf am 20.05.2023.

Präsentation der eingereichten Wettbewerbs-Entwürfe zur Kontextualisierung des Hamburger Bismarck-Denkmals im Museum für Hamburgische Geschichte, www.shmh.de/stiftung/hamburg-dekolonisieren/bismarck-neu-denken

Im August 2022 startete in Kooperation der Behörde für Kultur und Medien mit der Stiftung Historische Museen Hamburg (SHMH) ein offener internationaler Ideenwettbewerb zur Kontextualisierung des Bismarck-Denkmals im Alten Elbpark. Personen aus Kunst, Architektur und Zivilgesellschaft waren aufgerufen, Denk- und Gestaltungsansätze zu entwickeln, wie die komplexen Bezüge des Denkmals zu Kolonialismus, Nationalsozialismus, Diskriminierung und Fragen der sozialen Gerechtigkeit sichtbar gemacht werden können und dazu angeregt wird, sich mit der Geschichte des monumentalen Standbilds zu befassen. Ziel des Wettbewerbes war es, künstlerische Ideen für eine kritische und aktuelle Auseinandersetzung mit dem Denkmal zu ermitteln und bisher wenig beachteten Perspektiven auf das historische Standbild Raum zu geben.


Zuvor hatte bereits 2021 die Behörde für Kultur und Medien mehrere Workshops veranstaltet, in denen sie Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland eingeladen hatte, sich mit der historischen Bedeutung Bismarcks, insbesondere seiner Rolle im deutschen Kolonialismus auseinanderzusetzen und Vorschläge für einen angemessenen Umgang mit dem Denkmal zu diskutieren. Eine 13-köpfige unabhängige Fachjury, bestehend aus Expertinnen und Experten aus Kunst, Kultur und Wissenschaft, darunter Vertreterinnen und Vertreter diasporisch-migrantischer Initiativen, die sich seit langem kritisch mit Hamburgs kolonialer Vergangenheit auseinandersetzen, hatte sich in einem zweistufigen Wettbewerbsverfahren intensiv mit den eingereichten Vorschlägen befasst: Im ersten Schritt konnten alle Interessierten Ideen entwickeln und kurze Konzeptskizzen einreichen. Aus den 76 eingereichten Entwürfen wurden von der unabhängigen Jury acht ausgewählt und ihre Urheber aufgefordert, eine differenzierte Ausarbeitung für eine zweite Wettbewerbsrunde einzureichen. In ihrer Sitzung am 5. Juli 2023 hatte die Jury einstimmig entschieden, dass durch eine einzelne künstlerische Intervention die Aufgabe in ihrer Komplexität und mit all ihren Facetten nicht erfüllt wurde und empfohlen, in einem aufbauenden nächsten Verfahrensschritt, den Schwerpunkt des Prozesses stärker auf Vermittlung und gesellschaftlichen Diskurs zu verlagern.

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